Das Neujahrsfest
Das Neujahrsfest nach dem tibetischen Kalender ist das wichtigste Fest in Tibet. Die Art und Weise der Feier dieses Fests sind regional verschieden. Besonders charakteristisch ist die Feier in Lhasa.
Vor dem Neujahr bauen die Familien ein Qema, ein glückbringendes Hohlmaß aus Holz. Dieses symbolisiert eine gute Ernte im kommenden Jahr. Außerdem wird verschiedenes Ölgebäck zubereitet, ferner werden bunte Tierfiguren geformt, die große Viehherden symbolisieren. Darüber hinaus werden auch Schafköpfe, getrocknete und frische Früchte sowie Backfett und Tee vor die Nische gestellt.
Am 28. und 29. Tag des zwölften Monats nach dem tibetischen Kalender werden die Wohnungen sauber gemacht. An die Küchenwand werden Glücksmuster gezeichnet. Vor dem Abendessen am 29. Tages des zwölften Monats werden außen an die Haustür Glückssymbole mit Kalk gemalt. Am tibetischen Neujahrsabend findet ein großes Familienessen statt. Das häufigste Gericht ist ein Gutu, ein Teigkloß mit einer Füllung aus Rind- und Schaffleisch mit Rüben. Man muss wissen, dass Teigwaren auch symbolhafte Füllungen wie Steine, Münzen, Salz, Paprika, Holzkohle oder Schafwolle haben können. Die ganze Familie sitzt zusammen und jeder entdeckt dann, was er im Munde hat. Gelächter ertönt während der ganzen Mahlzeit. Nach dem Festessen werden durch Zeremonien böse Geister ausgetrieben.
Am Neujahrsmorgen stehen die Einwohner Lhasas sehr früh auf; manche Leute haben auch gar nicht geschlafen. Aber zunächst dürfen sie nicht das Haus verlassen. Der erste Programmpunkt für das tibetische Neujahr ist: „Wasser an sich reißen”. Nach tibetischer Ansicht hat das meiste Glück derjenige, der den ersten Eimer an sich gerissen hat. Bei Tagesanbruch rufen dann populäre Schauspieler laut: „Die Götter haben gesiegt!” Dann öffnen die Bewohner ihre Wohnungstüren. Nun beginnt die Feier zum ersten Tag des neuen Jahres, bei der die morgendliche Anbetung Schakjamunis im Jokhang-Kloster das wichtigste ist. Zu Neujahr kleidet man sich in die schönsten Trachten und trägt den kostbarsten Schmuck.
Am ersten Tag des neuen Jahres macht man keine Besuche bei Verwandten und Freunden. Gegenseitige Besuche beginnen am zweiten Tag und dauern dann drei bis fünf Tage. Am dritten Tag wird der Dachfirst-Gott verehrt. Man klettert auf das Wohnungsdach und steckt die neuen buddhistischen Banner auf den Dachfirst. Dann werden Zypressenzweige verbrannt, und die Zanba, eine aus Gerstenmehl gemachte Teigware, in die Luft geworfen. An diesem Tag gehen die Einwohner Lhasas auf den Berg der Flasche des Schatzes im Osten und auf den Berg Yaowang im Westen. Sie stecken oder hängen buddhistische Banner an die Berge und bringen den Göttern der Berge und des Wassers Opfer dar. Mit dem 4. Neujahrstag beginnt das größte religiöse Fest in Tibet: das große Gebetsfest. Das Fest dauert bis zum 15. Tag des ersten Monats nach dem tibetischen Kalender. An diesem Tag wird der Buddha Maitreja geholt. Am 5. Tag des ersten Monats beginnen Bauern in der Vorstadt von Lhasa zeremoniell mit dem Pflügen.
Traditionsgemäß dauert das Neujahrsfest nach dem tibetischen Kalender 15 Tage.
Das Backfettlampen-Fest
Das Backfettlampen-Fest wird am letzten Tag des Großen Gebetsfestes, am 15. Tag des ersten Monats nach dem tibetischen Kalender gefeiert. Das ist der letzte Höhepunkt des tibetischen Neujahrsfestes. Am Tag gehen die Gläubigen mit Weihrauchstäbchen zu den Klöstern, um die Buddhas anzubeten und die buddhistischen Gebetsmühlen zu drehen. Am Abend baut man in der Straße Regale auf, auf denen verschiedene bunte Figuren aus Backfett stehen. Da sieht man Figuren von Unsterblichen, Menschen, Vögeln, Tieren, Blumen und Bäumen stehen. Es werden Backfettlampen als Ausdruck von Glückwünschen angezündet. In allen Straßen sind Blumenregale unterschiedlicher Höhen aufgebaut. Die höchsten sind drei Stockwerke, die niedrigeren immer noch zwei hoch. Auf den Regalen stehen bunte Figuren verschiedener Größe. Im Licht zahlreicher Lampen glänzen sie prächtig. Die Straßen sind von Backfettlampen erleuchtet. Die Einwohner bewundern singend und tanzend die Lampen. Das Backfettlampenfest wird auch Blumenlampenfest genannt. |